"Unser Jakobsweg"

von Oberlauterbach bis Lindau am Bodensee

Und dann kam Corona!

Im März waren wir uns noch sicher, dass der ganze Spuk bis September vorbei wäre. Mit jedem Monat mehr mussten wir uns allerdings mit dem Gedanken befassen, vielleicht doch nicht nach Spanien fahren zu können. Frust machte sich breit, etwa umsonst trainiert, geplant und eingekauft zu haben.

Aber den Jakobsweg gibt es nicht nur in Spanien, sondern die Wege ziehen sich wie ein Netz durch ganz Europa. Und eigentlich beginnt ja der Jakobsweg sowieso an der eigenen Haustüre! Ein Zubringer führt gar nicht mal so weit weg an unserer Haustür vorbei. Beginnend in Kehlheim über Geisenfeld und Rohrbach nach Scheyern und Dachau zum Ammersee, wo er auf den "Münchner Jakobsweg" trifft.

Und so fällten wir den Entschluss, von der eigenen Haustüre ab mindestens bis zum Bodensee zu gehen.

 

Unser Jakobsweg - von Oberlauterbach bis Lindau am Bodensee
Beim Anklicken öffnet sich eine interaktive Karte mit den Wege-Daten
Streckendaten gesamt:       Maus über die Tracklinie schieben
Streckendaten an Position: Klick auf Position der Tracklinie

(Die Kartendarstellung wird über den GPX-Viewer von Bernhard Gaul bereitgestellt)
Die Differenz zwischen den real gelaufenen Wegedaten in der Tagestabelle und den bereinigten Werten in der jeweiligen GPX-Karte ergeben sich durch Entfernen von Kirchenbesichtigungen, Einkäufen, Irrwegen, etc.

Statistik zum Jakobsweg

 

 

Hinweis: Die angebotenen GPX-Dateien werden ausschließlich für persönliche Zwecke zum Download zur Verfügung gestellt. Eine Haftung ist ausgeschlossen, gewerbliche Nutzung ist nicht gestattet.

Tag 01: Oberlauterbach - Pfaffenhofen - Scheyern

Datum

12.08.2020

Strecke

25,3 km

unterwegs

9h 24'

Gehzeit

5h 53'

Tempo

4,1 km/h

Karte

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Rucksack-Inhalt

Der Rucksack ist gepackt: 7,5 kg, bzw. 8,5 kg, plus Proviant. Damit liegen wir ja im Rahmen.
Den ersten Stempel zum Start haben wir uns im Pfarramt geholt.

Ein eigenartiges Gefühl, aus der eigenen Haustüre zu Fuß in den Urlaub zu gehen. Um 7:30 starten wir, zuerst über unseren bekannten Trainingsweg nach Wolnzach.
Dort verabschieden wir und noch mal von meiner Schwester. Ihre und viele weitere gute Wünsche begleiten uns. Wir haben eine WhatsApp -Gruppe eingerichtet, um Kontakt zu Familie und Freunden zu halten und von unseren Erlebnissen zu berichten.

Weiter geht es nach Eschelbach und bei Zierlmühle über die Eisenbahnbrücke. Dort ist die erste Jakobswegmarkierung.

Auf dem Radweg nach Pfaffenhofen kommen wir ganz schön ins Schwitzen und kühlen uns bei einer Pause an der Ilm etwas ab.
Im Biergarten des Bürgerparks machen wir Mittagspause und anschließend noch eine ausgiebige Rast auf den Holzliegen.

Angekommen in Scheyern

Für die restliche Strecke haben wir uns dazu entschieden, über Niederscheyern und Plöcking zu gehen. Es ist heiß, bis zu 31 Grad, und dieser Weg führt wenigstens teilweise durch Wald. Auf der anfangs sehr staubigen Strecke gewinnen wir an Höhe, allerdings geht es durch Scheyern hindurch wieder in die Senke hinab und dann nochmals steil bergauf. Um 17:25 sind wir durchgeschwitzt, aber mit heilen Füßen im Kloster Scheyern angekommen und machen uns auf die Suche nach einem Pilgerstempel - leider erfolglos.

Das Zimmer haben wir schon am Vortag gebucht, Abendessen gibt es im Kloster-Biergarten. Die Wäsche von heute muss noch gewaschen werden, die Übernachtung für den nächsten Tag in Röhrmoos gebucht werden. Im eigentlich anvisierten Ziel Vierkirchen macht das einzige Hotel nämlich gerade Urlaub.

Tag 02: Scheyern - Röhrmoos

Datum

13.08.2020

Strecke

24,5 km

unterwegs

8h 47'

Gehzeit

5h 21'

Tempo

4,4 km/h

Karte

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St.Jakobus in Vierkirchen

Wenn wir schon im Kloster übernachten, besuchen wir auch um 7:00 die Frühmesse, anschließend gibt es Frühstück. Aber ohne Stempel wollen wir nicht gehen und haben dann doch noch in der Verwaltung Erfolg. Es ist schon 9:30 Uhr, bis wir loskommen.

Nach einem kurzen Ratsch mit einer Freundin, deren Arbeitsstelle zufällig auf dem Weg liegt, gehen wir über Petershausen (Olafs erste Blase) nach Vierkirchen. Den Weg zeigt uns Google Maps, auf dem Zubringer ist die Ausschilderung eh etwas mager, und wir suchen uns selber die Strecke aus.

zu langsam gewandert?
schon Moos angesetzt?

Vierkirchen scheint allerdings eine Station auf dem Jakobsweg zu sein. Einen Pilgerstempel gibt es dort allerdings nicht. Obwohl das Pfarrhaus von St. Jakobus hörbar bewohnt ist, wird uns nicht geöffnet. Es ist Urlaubszeit.

🍕 und 🍺 zum
Abendessen

Der Gewitterwind schiebt uns - gottseidank trocken – auch noch das letzte anstrengende Stück nach Röhrmoos. Um18:00 dort angekommen, beziehen wir unser Zimmer in einer Art Selbstbedinungshotel über einer Schreinerei (Margots erste Blase). Abendessen gibt es vom Italiener über die Straße, gegessen wird auf der Biertischgarnitur im Hof.

Und wie auch die nächsten Tage: Wäsche waschen, Strecke planen und Übernachtung organisieren.

Tag 03: Röhrmoos - Dachau - Günding

Datum

14.08.2020

Strecke

15,9 km

unterwegs

6h 22'

Gehzeit

3h 44'

Tempo

4,0 km/h

Karte

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ein erster verschwommener Blick
auf München und die Berge

Um 9:00 Uhr machen wir uns auf nach Dachau. Eine halbe Stunde später haben wir den ersten, lang ersehnten Blick auf die Berge. Und gleich danach ein Wegkreuz mit passendem Spruch:

Wenn Dich die Zeit auch drängt voran,
Dein Ziel ist in der Fern,
siehst Du dies Kreuz, so halte an,
und grüße dankbar Deinen Herrn!

Immer wieder kommen wir an Wegkreuzen vorbei, oft mit einer Bank, die zu einer Rast einlädt. Auch so mancher Spruch ist wie auf uns gemünzt.

Wanderer, in Unruh und Eil,
an diesem Kreuz kurz verweil.
Schau hin auf Gott,
sprich ein Gebet,
geh dann erst weiter
Deinen Weg!

Weiter geht es kerzengerade nach Süden und irgendwann auf einer Anhöhe bei einem Windrad legen wir eine Pause ein. Die Aussicht ist einfach zu verlockend.

Dachau ist erreicht, den
Stempel haben wir auch schon!

In Dachau angekommen erhalten wir problemlos unseren Pilgerstempel in der Touristinfo und nach einem Blick in die Kirche gibt es Mittagessen gleich gegenüber.

Immer an der Amper entlang gehen wir noch ein Stück bis Günding zum Hotel. Dank der kürzeren Strecke sind wir um 15:00 Uhr am Ziel.
Nach dem Abendessen im Sportheim treffen uns auf dem Heimweg ein paar Regentropfen. Wir hatten noch Glück, denn danach gibt es einen richtigen Wolkenbruch.

Tag 04: Günding - Fürstenfeldbruck

Datum

15.08.2020

Strecke

17,6 km

unterwegs

6h 20'

Gehzeit

4h 02'

Tempo

4,3 km/h

Karte

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Mücken, nichts als Mücken ...

Wegen Corona kein Frühstücksbuffet, wegen Feiertag kein Frühstück vom Bäcker. Wir haben deshalb gestern im Supermarkt schon vorgesorgt und frühstücken im Zimmer.

Es ist wieder 8:30 Uhr, als wir uns auf den Weg machen - so richtig früh loszugehen schaffen wir einfach nicht.

An an der Amper entlang geht es vorbei am Golfplatz - mit tieffliegenden Bällen - nach Olching.

Fundstück des Tages

Beim Mittagessen im Biergarten Amperlust werden die Blasen neu verpflastert.

Am Schloss Esting biegen wir ab und gehen erst zwischen Feldern hindurch, dann ein ganzes Stück durch die Stadt, bis wir mitten in Fürstenfeldbruck bereits um 14:30 Uhr am Ziel sind.

… und wir lassen es uns
auch mal gut gehen

Heute machen wir sogar noch einen kurzen Spaziergang bis zur Amperbrücke. Bis zum Kloster ist es uns zu weit, morgen liegt es sowieso auf dem Weg.

Bei TexMex im Freien zum Abendessen kommt dann direkt Urlaubsstimmung auf.

Tag 05: Fürstenfeldbruck - Schondorf

Datum

16.08.2020

Strecke

26,8 km

unterwegs

9h 07'

Gehzeit

6h 03'

Tempo

4,3 km/h

Karte

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Nach dem üblichen Corona-Frühstück beim Bäcker geht es zum Kloster. Stempel ist dort keiner zu bekommen. Wir überreden einen etwas ungnädigen Wirt bei der morgendlichen Putzaktion, uns einen, dann halt weltlichen, Stempel zu geben.

Trotz der wunderschönen Strecke durch die Amperauen flüchten wir geradezu Richtung Grafrath. Mücken über Mücken, so schnell können wir uns gar nicht eincremen.

"das Wandern ist des Pilgers Lust...",
...endlose Wege... und "stundenlanges
sinnloses nebeneinander Herreiten"....

Eine kurze Pause am beeindruckenden Zellhof mit eigener Kapelle und Bestattungsrecht muss aber sein.

Die Kirche von Grafrath ist trotz Sonntagmittag zugesperrt, es gibt keinen Stempel.

Fundstück des Tages

Auf dem Fahrradweg an der Straße, mit etwas mehr Abstand zur Amper, wandern wir nach Eching. Von uns völlig unbemerkt queren wir die Autobahn und entdecken um 17:05 den von mir lang ersehnten Ammersee. Nur zwischen den Bäumen und mal wieder auf der Flucht vor den Mücken, aber immerhin!

Das letzte Stück nach Schondorf kostet uns auch die letzten Kräfte. Um 17:45 Uhr im Hotel angekommen, möchte ich unbedingt noch zum See. Trotz Blasen gehen wir noch 1 km zum Strandbad und hüpfen sogar noch kurz ins Wasser.

Tag 06: Schondorf - Wessobrunn

Datum

17.08.2020

Strecke

30,6 km

unterwegs

9h 20'

Gehzeit

6h 36'

Tempo

4,4 km/h

Karte

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Wir sind hier nicht die
Ersten auf dem Weg

Jetzt befinden wir uns auf dem offiziellen Jakobsweg München – Lindau und können für die Strecken- und Unterkunftsplanung auf unser Handbuch und die vorab runtergeladenen GPS-Tracks zurückgreifen. Auch die Ausschilderung wird besser und Pilgern sagt den Leuten nun etwas.

Das merken wir auch, als wir uns kurz nach dem Abmarsch um 8:40 Uhr einen Pilgerstempel bei der Oma der Familie Schwarz abholen. Wir werden von einem Ehepaar auf die Jakobsmuschel angesprochen.

Erkenntnis des Tages:
ein voll bedeckter Himmel
ohne himmlische Inkontinenz
ist des Wanderers
Glück auf Erden.

Immer am Ammersee entlang, mit einer kurzen Besichtigung der Kirche St. Alban, geht es nach Dießen. Dabei müssen wir das erste Mal unseren Regenponcho auspacken. Aber die kurzen, leichten Schauer vertreiben die Mücken und sind leicht auszuhalten, besser als die 30 Grad in den ersten Tagen.

Die Kirche ist mal wieder zugesperrt, ein Italiener zum Mittagessen hat offen.
Dann nehmen wir auch schon wieder Abschied vom Ammersee und es geht immer bergauf nach Wessobrunn.

Die Beine laufen schön langsam von alleine, allerdings ist die Strecke mangels Übernachtungsmöglichkeit extrem lang für unsere Verhältnisse. Meine Wasserblase schmerzt und wir sind heilfroh, als wir die Kirche erreichen und sogar ein Stempel ausliegt.

Der Weg zur Herberge ist der Letzte für heute und so gibt es nach einem sehr freundlichen Empfang durch pilgererfahrene Gastgeber (19:00 Uhr) nur mitgebrachte Kekse und Bier aus unserer „Suite“ zum Abendessen. Schließlich ist das tägliche Wäschewaschen und Unterkunft suchen auch noch fällig.

Tag 07: Wessobrunn - Hohenpeißenberg

Datum

18.08.2020

Strecke

18,3 km

unterwegs

8h 10'

Gehzeit

4h 45'

Tempo

3,6 km/h

Karte

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Zum Frühstücken gehts um 8:40 Uhr ein kleines Stück zurück zum Bäcker, dann mit ein wenig Regen durch grüne Wiesen zur wunderschönen Kirche St. Leonhard im Forst. Der Pilgerstempel liegt in der Kirche aus, so wie wir das jetzt häufig vorfinden.

Eine schnurgerade, eintönige Strecke durch den Wald und dann sind wir in Hetten, am Fuß vom Hohen Peißenberg. Seit gestern haben wir ihn schon im Blick. Letztes Jahr waren wir erst dort und so wollten wir daran vorbei auf direktem Weg zu unserem Quartier im Ort Hohenpeißenberg wandern.

Aber zwei Tage darauf zu und dann darum herum laufen - das geht irgendwie gar nicht!

Und so gibt es unten am Bushäusel noch mal eine Pause, da die heiß ersehnte, einzige Wirtschaft vorher Ruhetag hat. Dann machen wir uns an den mühevollen Aufstieg.

Oben angekommen geht es erst zur Kirche, dann zu einem verspäteten Mittagessen bei bester Aussicht.

Sonnig, windig und im Schatten etwas kalt. Einen Pilgerstempel gibt es hier auch noch.

Den Abstieg auf der anderen Bergseite schaffen wir auch noch, auch wenn ich, wegen der Blase am Ballen, fast den ganzen Tag auf der Ferse oder der Außenkante laufen musste.

Ankunft um 16:50 Uhr im Gästehaus Rigi-Alm.

Zum Abendessen müssen wir Gott sei Dank nur noch ein paar Meter bis zum zugehörigen Biergarten laufen.

 

Tag 08: Hohenpeißenberg - Rottenbuch

Datum

19.08.2020

Strecke

17,5 km

unterwegs

7h 05'

Gehzeit

4h 42'

Tempo

3,5 km/h

Karte

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Heute steht die Ammerschlucht auf dem Programm. Beim Frühstück in unserem Gasthof versichert uns die Wirtin, dass es nicht so schlimm ist, wie im Buch beschrieben und auch der strömende Regen inklusive Regenbogen von heute Morgen kein Problem darstellt.
Etwas skeptisch machen wir uns um 8:40 auf den Weg und besorgen uns noch Proviant beim Bäcker, denn zur Mittagszeit werden wir irgendwo in der Schlucht sein.

Bei mittlerweile strahlendem Sonnenschein geht es durch Wiesen und Wälder, wir kreuzen die Bayerische Regiobahn. Das hat ein bisschen was von Modelleisenbahn an sich.

Zur Ammerschlucht führt uns dann ein steiler und doch etwas rutschiger Abstieg. An einem wunderschön romantischen Platz am Wasser machen wir Mittagspause.

Fundstück des Tages

Nach kurzer Strecke an der Ammer entlang führt uns der Steig in die Hänge der Schlucht. 3 mal Auf- und Abstiege bei zum Teil völlig ausgewaschenen, schmalen, ungesicherten und nass-rutschigen Steigen sind schon ein forderndes „Vergnügen“. Viel Schlucht, wenig Ammer!

Und dann ist die Schlucht zu Ende und wir sind wieder in der sanft hügeligen Bilderbuchlandschaft des Bayerischen Oberlandes. Um 15:00 Uhr erreichen wir Kloster Rottenbuch.

eine andere Art von Pilgern

Nachdem wir uns in der prunkvoll ausgestatteten Klosterkirche unseren Stempel geholt haben, sehen wir eine etwas andere Pilgergruppe. Mehr als ein Dutzend GoldWing-Fahrer aus Italien mit „Pilger-T-Shirts“ .

Wir beziehen unser Quartier, für die Verpflegung sorgen ein kleiner Tante-Emma-Landen und der Biergarten neben dem Kloster.

Inzwischen sind wir ungefähr 172 km gewandert, das ist grob geschätzt die Hälfte der beabsichtigten Wegstrecke.

Erkenntnis des heutigen Tages: Es ist der 8. Tag. Wundersamer Weise sind heute alle Blessuren, abgedrückte Fersen, sonstige Fußschmerzen und (fast) alle Blasen wie weggeblasen. Auch die Füße laufen inzwischen fast von alleine, Auf- und Abstiege kriegen wir beinahe nicht mehr mit.
Und auch der restlichen Gesundheit scheint dieses endlose Wandern zuträglich zu sein: es hilft bei steifen Waden, verspannten Schultern, schmerzenden Knieen und Rücken, Gicht, Rheuma und Arthritis, und sogar der Tinnitus wird leiser. Wunderbar!

Tag 09: Rottenbuch - Lechbruck

Datum

20.08.2020

Strecke

25,3 km

unterwegs

8h 40'

Gehzeit

5h 47'

Tempo

4,2 km/h

Karte

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Erkenntnis des Tages
bereits zum Frühstück

Nach dem Frühstück im liebevoll ausgestatteten Café, das zur Pension gehört, geht es nach Wildsteig weiter, dort gibt es den ersten Stempel.

Die Berge immer mehr im Blick wandern wir weiter zur Wieskirche. Den Pilgerstempel gibt es dort an der Rückseite der Kirche in einem Extrafach im Briefkasten. Und außerdem kaufe ich an einem Touristenstand ein Halstuch, sozusagen als mein eigenes ‚heiliges' Schweißtuch. Das kann man an den Rucksack knoten, ohne dass es allzu bescheuert aussieht.

Und dann geht es ins Moor. Über einen schmalen Brettersteig und bei jedem Schritt daneben steht man wie auf einem Schwamm.

O schaurig ist's übers Moor zu gehn,
Wenn es wimmelt vom Heiderauche,
Sich wie Phantome die Dünste drehn
Und die Ranke häkelt am Strauche,
Unter jedem Tritte ein Quellchen springt,
Wenn aus der Spalte es zischt und singt!
O schaurig ist's übers Moor zu gehn,
Wenn das Röhricht knistert im Hauche!

                 (Der Knabe im Moor von
                 Annette von Droste-Hülshoff)

Der Weg führt anschließend am Bach entlang nach Steingaden und weil es schon weit nach Mittag ist, gibt es gleich am Ortsanfang vor der Schönegger Käsealm eine Fischsemmel.

In der Ortsmitte gönnen wir uns noch ein Eis, das wir in Gesellschaft eines müden Wanderers am Brunnen genießen.

Das Welfenmünster, wie die Steingadener Klosterkirche auch genannt wird, (hier gab's den 3. Pilgerstempel) kann mit der Wieskirche durchaus mithalten.

Das letzte Stück nach Lechbruck verlangt uns bei 27 Grad die letzten Kraftreserven ab. Einzig die nächste Ortschaft entlockt uns ein Lächeln, auf Steingaden folgt - Steingädele. Wir sind halt im Schwabenländle!

Um 17:00 haben wir endlich Lechbruck erreicht und nach einem weiteren Kilometer durch die Stadt auch unsere Pension Hirsch. Für einen Umweg zur Kirche fehlt uns allerdings die Kraft. Es reicht gerade noch in den nächsten Supermarkt, um Abendessen und Verpflegung für den nächsten Tag zu besorgen.

Tag 10: Lechbruck - Auerberg - Stötten

Datum

21.08.2020

Strecke

19,1 km

unterwegs

8h 17'

Gehzeit

5h 06'

Tempo

3,5 km/h

Karte

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St. Nikolaus
in Bernbeuren

Auch heute liegt die Kirche von Lechbruck nicht nahe genug auf unserem Weg, einen Stempel bekommen wir trotzdem – von unserem Wirt. Steil bergauf zur recht neuen Jakobskapelle und durch den Golfplatz gehen wir weiter nach Bernbeuren, wo es schon den zweiten Stempel gibt.

Die Feuersteinschlucht ist wie ein großer Abenteuerspielplatz im Wald und bei Außentemperaturen von 31 Grad vor allem schön kühl.

Am Bach entlang, in dem sich immer wieder Familien mit Kindern vergnügen, geht es wieder mal beständig bergauf zum Aurer Berg.

Die Abzweigung zum Jägersteig hätten wir fast verpasst, aber nach langem Anstieg am Waldrand haben wir es schließlich geschafft.

Nach dem Mittagessen steigen wir nicht nur rauf zur Kirche, sondern sogar noch hoch auf den Kirchturm. Dort gibt es eine Aussichtsplattform, auf die man zwischen den vergitterten Glocken hindurch gelangt - da hupfst vielleicht, wenn auf oa moi d Glockn losgeht! 🔔🔔🔔
Dort steht man zwischen Turm und Kirchendach und kann weit ins Land schauen.

Das Wallfahrtskirchlein St. Georg auf dem Auerberg mit grandiosem Panoramablick

hilft nicht nur
gegen Corona
sondern auch
gegen Bienen

St. Peter und Paul
in Stötten

Der einzige Vorteil, wenn man den ganzen Vormittag bergauf geht - den Nachmittag über geht es dann bergab nach Stötten am Auerberg. Die Wege heute gingen über Stock und Stein, durch Wald und Wiesen und waren meiner Wasserblase und Olafs Fersen eigentlich wieder viel zu lang.

Um 16:50 sind wir im Gasthof angekommen und die Kirche St. Peter und Paul (mit dem 4. Stempel für heute) ist glücklicherweise gleich in Sichtweite.

Tag 11: Stötten - Marktoberdorf - Unterthingau

Datum

22.08.2020

Strecke

20,9 km

unterwegs

7h 23'

Gehzeit

4h 34'

Tempo

4,4 km/h

Karte

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Fundstück
des Tages

Für heute Morgen haben wir den malerischen Jakobsweg verlassen und die alte Bahntrasse, die jetzt als Radweg ausgebaut ist, und dann ab Rieder die alte Landstraße nach Marktoberdorf vorgezogen.

Das sind einfach weniger Kilometer als über Bertoldshofen. Auch das Schloss und die Kirche in Marktoberdorf sind uns zu steil den Berg hinauf, wir begnügen uns mit der Frauenkirche in der Innenstadt.

Kirche St. Alban in Geisenried

Nach diversen Zwischenstopps, um verloren gegangene bzw. durchlöcherte Kappen der Wanderstöcke zu ersetzen, die Blasenpflaster aufzufüllen und in ein einer Bäckerei den Jakobsstempel abzuholen, leisteten wir uns zu Mittag mal etwas Besonderes bei McDonalds 😉.

Das Wetter hat sich gedreht und wir warten den größten Platzregen ab, bevor wir uns im Regenponcho wieder auf den Weg machen.

Eisenbahnmuseum Allgäu

Erst wieder auf dem offiziellen Jakobsweg, dann aber etwas nördlich davon, da wir nicht Oberthingau, sondern in Unterthingau ein Quartier bekommen haben. Sogar ein Anruf von zu Hause hat uns mitten auf der Strecke erreicht und ich gebe im Stehen Schützenhilfe beim Kochen.

Ansonsten ist heute kilometerfressen angesagt, die Strecke ist zwar teilweise ganz nett, aber größere Highlights fehlen. Nach vielen Tagen schöner Landschaft lässt die Begeisterung einfach nach und wir sind froh, als wir gegen 16:15 im Gasthof Adler ankommen.

Tag 12: Unterthingau - Kempten

Datum

23.08.2020

Strecke

21,2 km

unterwegs

6h 41'

Gehzeit

4h 55'

Tempo

4,2 km/h

Karte

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Wir haben uns heute gegen den ausgeschilderten Jakobsweg entschieden. Zum einen fangen wir im „falschen“ Thingau an und zum anderen verläuft dieser auf ewig langen und geraden Wegen durch den Wald, was laut Pilgerführer zu „psychischen Verstimmungen“ führen kann. Stattdessen folgen wir der Google Maps Route, die über offene und weite Wiesen, Hügel und Täler führt und auch um einiges kürzer ist.

Da es auf der Strecke heute vermutlich keine Einkaufs- oder Einkehrmöglichkeiten gibt, packen wir die zweite Frühstückssemmel ein. Wir besuchen noch die Kirche St. Nikolaus in Unterthingau und bei der ersten kurzen Rast St. Joseph in Schweinlang.

Nach strammem Anstieg auf den Hügel zwischen Hochgreut und Hauptmannsgreut machen wir eine lange Mittagsrast im Bushäuschen. Das Wetter ist ungemütlich und hier ist es ein wenig geschützt, aber trotzdem mit Aussicht auf die Bilderbuchlandschaft.

Lieber Herrgott, habe Dank
für diese trockne Bank

Der Weg zieht sich und bei leichtem Regen machen wir in Bezigau eine letzte Rast, einen Pilgerstempel gibt es heute in keiner der besuchten Kirchen.

14:40, die Iller-Brücke in Kempten ist erreicht, 20 Minuten später beziehen wir unser Zimmer in der Nobelherberge im Allgäu Tower.

Manchmal werden wir nach "Wander- Blues" oder Euphorie gefragt: Das Gehen ist eigentlich nicht das Problem. Die Blasen bei mir und die schmerzenden Fersen von Olaf zehren etwas an der Moral. Aber am Morgen heißt es dann Krönchen zurechtrücken und weiter geht's. Wobei es die Zimmersuche für den nächsten Tag diesmal in sich hat.

Aber nach der Versicherung, dass wir ein Ehepaar sind, kann ich ein Doppelbett in einer Privatunterkunft ergattern. Anschließend ergattern wir in einem Irish Pub in Kemptens Gässchen Guinness und Fingerfood – eindeutig das Highlight des Tages!

Tag 13: Kempten - Buchenberg - Rechtis

Datum

24.08.2020

Strecke

23,7 km

unterwegs

8h 16'

Gehzeit

5h 37'

Tempo

4,0 km/h

Karte

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Auch bloß eine Wellblechhütte – ist Olafs Fazit, als er die Dachkonstruktion im 13. Stock mustert. Allerdings mit Panoramablick über Kempten, den wir bei einem reichhaltigen Frühstücksbuffet genießen. Alles Corona-gerecht in Einzelportionen abgepackt oder ohne Selbstbedienung von der Servicekraft gereicht.

Dementsprechend ist es auch schon 10 Uhr, als wir unsere Nobelherberge verlassen und nach einem kurzen Einkauf die Basilika St. Lorenz und den Stempel suchen.

Nach 3-maligem Auf- und Abstieg holen wir uns den sehr, sehr schwer verdienten 2. Pilgerstempel in der Kapelle Mariä Heimsuchung in Mariaberg. Hier ergeht auch eine freundliche Einladung für Fledermäuse. Wir treffen hier mal wieder auf eine Pilgergruppe. Allerdings eine mit organisierter Unterkunft und Rucksacktransport.

Weiter geht es nach Ermengerst und von dort ab dann wieder eine alte Bahnstrecke entlang nach Buchenberg. Da wir hier kein Quartier bekommen hatten, müssen wir uns nach einer Brotzeit vor der Bäckerei und der Kirchenbesichtigung von St. Magnus noch mal auf den Weg machen.

Erst hinter Rechtis (St. Ulrich, 4. Stempel) haben wir unser Ziel erreicht und beziehen um 18 Uhr unser Zimmer in einem einzeln gelegenen Hof.

Für das Familienabendessen, zu dem wir eingeladen werden, sind wir allerdings zu müde und begnügen uns mit einer Dusche und Keksen. Ohne großes Waschbecken fällt Wäsche waschen heute aus. Und ohne Handyempfang auch die Zimmerreservierung für den nächsten Tag.

Schön langsam wechselt auch die Blickrichtung. Wir zählen nicht mehr nur die gegangenen Tage und Kilometer. Wir zählen inzwischen eher die noch verbleibenden Tage. Aufgeben ist trotz schmerzender Füße definitiv keine Option mehr.

Tag 14: Rechtis - Weitnau - Geratsried

Datum

25.08.2020

Strecke

22,9 km

unterwegs

9h 14'

Gehzeit

5h 36'

Tempo

3,9 km/h

Karte

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Nach einem christlichen Frühstück mit Gebet machen wir uns auf den Weg zum Sonneckgrat, übrigens mit 1150 m der wirklich höchste Punkt der Reise. Dank der Trippelschritte schaffen wir auch diesen langen Aufstieg. Der Name ist aber nicht Programm, die Strecke ist meist im Wald und schattig gelegen.

Die Kuhglocken und neugierige Blicke verfolgen uns schon mehrere Tage. Aber so nah waren sie uns noch nie. Der Weg führt durch eine Weide und wir werden von den Teenager-Kühen geradezu umringt. Mittendrin gibt es eine Bank - gut, dass diese eingezäunt ist! Ein Hund hat sich zu uns geflüchtet und der zugehörige Wanderer braucht mehrere Anläufe, seinen gar nicht so kleinen Vierbeiner zum Verlassen unseres sicheren Plätzchens zu bewegen. Auch wir schaffen es heil von der Weide.

Immer wieder prüfen wir den Handyempfang, denn wir haben noch immer keine Unterkunft für die Nacht und unsere Wunschstrecke endet in einer ziemlich einsamen Gegend. Bereits das zweite Telefonat beschert uns aber schon ein Bett - in einem Baumhaus? Lassen wir uns überraschen!

Wir steigen ab nach Weitnau zum Mittagessen und kaufen dort auch gleich für die Brotzeit ein. Die Kirche St. Pelagius überrascht uns, statt Stuck ist sie in Rot und Blau reich ausgemalt. Da wir nicht wissen, wie Abends der Handyempfang wird, versuche ich schon für den nächsten Tag ein Zimmer zu organisieren und ergattere wieder ein Privatzimmer.

Noch ein gutes Stück bergauf und bergab durch Wald und Wiesen und wir erreichen Geratsried, bestehend aus ein paar einzelnen Höfen und einer Kapelle, die wir besichtigen dürfen. Das Baumhaus ist der Hammer! An einem bewaldeten Steilhang ebenerdig zu betreten und auf der anderen Seite steht man in der Krone einer mächtigen Eiche. Mit Eckbank und ausziehbarer Couch gut ausgestattet, aber leider ohne Wasser. Wäsche waschen fällt schon zum zweiten Mal flach, jetzt wird es eng!

Eng ist es auch im Schlafsack, der hier seinen ersten Einsatz hat und so wird es eine unruhige Nacht.

Tag 15: Geratsried - Simmerberg

Datum

26.08.2020

Strecke

17,3 km

unterwegs

6h 13'

Gehzeit

3h 54'

Tempo

4,3 km/h

Karte

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Das Baumhaus

Die Baumhausbesitzer haben uns ein paar Semmeln mitbestellt und versorgen uns im Garten sogar noch mit Butter, Wurst, Käse und einer Tasse Kaffee. Wir wollen sie nicht lange aufhalten und packen uns die Brotzeit für später ein. Der Weg wird uns weiterhin an vielen einzelnen Höfen und keinen Einkaufsmöglichkeiten vorbei führen.

Mangels fließendem Wasser haben uns morgens für Katzenwäsche und die alten Klamotten von gestern entschieden, aber gegen die reservierte Privatunterkunft. Unterwegs kann ich in einem Gasthof ein Zimmer mit Bad reservieren und sage deshalb das andere Privatzimmer wieder ab.

Unseren ersten Pilgerstempel für heute finden wir, wie an der Innenseite der Kirchentüre angeschlagen, im Beichtstuhl hinter dem Hochaltar. Es ist die gotische Stephanskapelle mit Gemälden aus dem 16. Jahrhundert in Genhofen.

Vor einem Bauernhaus stehen unter einem Baum ein paar Stühle mit Aussicht, perfekt für eine Rast mit spätem Frühstück.

In der Kapelle St. Martin in Hopfen gibts den 2. Pilgerstempel und ein Büchlein 'Pilgergebete', aus dem folgendes Zitat stammt: "... Wer das Ziel will, muss auch die Wege wollen …" Für mich das Motto dieser Reise.

Heute war die Strecke ein bisschen kürzer und wir sind flott marschiert, vielleicht hat uns auch der stürmische Wind weitergeweht.

So sind wir schon am frühen Nachmittag in Simmerberg im Gasthaus Krone angekommen, bei der Kirche St. Joseph waren wir auch schon.

Dafür müssen wir jetzt erst mal die Wäsche von drei Tagen waschen. Das letzte Mal allerdings, da wir nur noch zwei Tage vor uns haben.

Frisch geduscht, Wäsche gewaschen, letzte Unterkunft für morgen gebucht. Jetzt noch Essen fassen, dann ist die Welt wieder in Ordnung!

Tag 16: Simmerberg - Scheidegg - Zeisertsweiler

Datum

27.08.2020

Strecke

24,4 km

unterwegs

8h 27'

Gehzeit

5h 41'

Tempo

4,2 km/h

Karte

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Auf der alten Salzstraße verlassen wir Simmerberg Richtung Weiler. Dort können wir auch unsere Vorräte wieder auffüllen. Zugunsten der kürzeren Strecke verzichten wir auf landschaftliche Schönheit und weichen immer wieder vom ausgeschilderten Jakobusweg ab. Die Wasserblase ist zwar inzwischen verheilt, aber Fersenschmerzen haben wir jetzt beide.

In Scheidegg immer schön die Reihenfolge einhalten: erst die Kirche St. Gallus, dann den Stempel im Kulturamt und anschließend das Mittagessen.

Von Weitem werfen wir einen Blick auf die Scheidegger Wasserfälle, halten kurz an der wunderschönen Wendelinskapelle in Kinberg und gehen weiter nach Niederstaufen.

Jeder Ort vom nächsten durch einen steilen Berg getrennt - bergab und dann wieder steil rauf. Mittendrin gibt es allerdings den ersten Blick auf den Bodensee, zwar nur verschwommen in der Ferne, aber trotzdem gut für die Motivation!

Das Leiblachtal kann uns nicht mehr reizen und Google Maps führt uns auf der kürzesten Strecke zu unserer Unterkunft in Zeisertsweiler. Die liegt etwas abseits der offiziellen Route, aber von der gibt es hier eh mehrere Varianten.

Fundstück des Tages

Trotzdem waren es heute fast 25 km und wir sind einfach nur erledigt. Aber die Vorstellung, morgen ein letztes Mal ein kurzes Stück zu gehen und dann in den Zug nach Hause zu steigen, ist schon irgendwie eigenartig - plötzlich nicht mehr gehen zu müssen oder zu dürfen?

Tag 17: Zeisertsweiler - Lindau

Datum

28.08.2020

Strecke

9,9 km

unterwegs

3h 49'

Gehzeit

2h 20'

Tempo

4,0 km/h

Karte

Tag_17

GPX-Datei

Tag_17c.gpx

Für heute haben wir uns bewusst eine kurze Strecke aufgespart. Eine letzte kleine Schlucht, dann durch die Apfelplantagen der Bodenseeregion. Immer bergab geht es nach Lindau.

Um 10:50 Uhr haben wir die Brücke erreicht. Auf der Insel sind erst mal die beiden Kirchen St. Stephan (evgl.) und gleich daneben das Münster zu "unserer lieben Frau" an der Reihe. Dort erhalten wir auch den letzten Pilgerstempel auf unserem bayerischen Jakobsweg.

Am Hafen suchen wir uns einen Biergarten fürs Mittagessen und nebenbei schielen wir schon auf die Abfahrtszeiten der Bahn.

Zu Hause hatte ich noch mit dem Gedanken gespielt, weiterzugehen am Bodensee entlang. Freie Tage hätten wir noch, über Konstanz, Schaffhausen nach Basel wäre der nächste Streckenabschnitt. Aber die Füße tun weh, die Kraft ist zu Ende und seit Tagen ist Lindau als einziges Ziel angesagt. So stolz wir sind, dieses Ziel zu 100 % zu Fuß erreicht zu haben, die Luft ist raus, nicht mal für Sightseeing haben wir noch Interesse.

Abschied von Lindau

Und zu guter Letzt ist ab Nachmittag schlechtes Wetter angesagt und so verlassen wir um 13:23 nun den Bodensee, bevor uns der Regen einholt.

Dank Baustelle fahren wir mit dem Schienenersatzverkehr (ein typisch deutsches Wort für Bus) nach Immenstadt und von dort über Kempten und München nach Rohrbach, wo wir abgeholt werden.

Zusammenfassung / Erkenntnisse / Fazit

Nach 17 Tagen soll alles einfach vorbei sein? Man ist schon etwas zwiegespalten, jetzt am Schluss der Reise. Einerseits ist man froh, dass die Strapaze zu Ende ist, auf der anderen Seite ist es schade, dass das Abenteuer zu Ende ist. Das Tag für Tag immer weiter vorwärts Wandern, ohne Gedanken an einen Rückweg zu verschwenden, immer nur nach vorne zu schauen, nie zurück, ist etwas ganz Besonderes.

Fast ist es eigenartig, mit Bus, Zug und Auto heimgefahren zu werden. 17 Tag lang sind wir nur zu Fuß unterwegs gewesen, das Einzige, was wir gefahren sind, war Rolltreppe und Aufzug.

Im Lauf der Zeit entwickelt sich beim Wandern fast so etwas wie ein Tunnelblick - Wandern, Kirchen und Pilgerstempel, kein Nerv für Sehenswürdigkeiten oder Stadtbummel. Nur die Strecke, die man zurücklegt, das, was man erlebt, denkt, fühlt und sieht, ist auf einmal wichtig. Das stille nebeneinander Herwandern, Gedanken sammeln lassen - man kommt wirklich zu einer Art innerer Ruhe. Man muss sich aber auch überlegen, mit wem man den Weg geht, denn es mutet durchaus erstaunlich an, dass man zweieinhalb Wochen unter solch extremer körperlicher Belastung und Strapazen ohne Streit miteinander auskommt.

Nahezu unpassend erscheint es dagegen, dass man den ganzen Tag immer wieder am Smartphone hängt. Hier werden Dinge erledigt, wie Wander-Routen aufzeichnen, immer wieder mal den Weg suchen, etliche Fotos schießen, Tagebuch-Chat schreiben und noch einiges andere, das einfach nicht liegen bleiben kann. Auch die Kommunikation mit den daheimgebliebenen Kindern oder Angehörigen braucht unter der langen Abwesenheit nicht zu unterbleiben. Aber im Nachhinein ist man sehr froh über das Konservieren der Erlebnisse in solch vielfältiger Weise. Ohne diese Aufzeichnungen wäre man überfordert von der Vielzahl der Erinnerungen und vieles könnte man innerhalb kürzester Zeit gar nicht mehr einordnen oder würde ganz verloren gehen.

 

Unsere Pilgerpässe

In unseren Pilgerpässen
befinden sich die folgenden Stempel:

 Kath. Pfarramt St. Andreas

 Oberlauterbach

 Abtei Mariä Himmelfahrt
 und zum Heiligen Kreuz

 Scheyern

 St. Jakob

 Dachau
 (Stempel in der Tourist Info)

 Klosterstüberl

 Fürstenfeldbruck
 (Klosterkirche ohne Stempel)

 St. Jakob

 Schondorf am Ammersee

 St. Johannes der Täufer

 Wessobrunn

 Walserherberge

 Wessobrunn

 St. Leonhard im Forst

 Forst

 Maria Himmelfahrt

 Hohenpeissenberg

 Mariä Geburt

 Rottenbuch

 St. Jakob

 Wildsteig

 zum Gegeißelten
 Heiland auf der Wies

 Wieskirche bei Steingaden

 St. Johannes Baptist

 Steingaden

 Pension Hirsch

 Lechbruck am See

 St. Nikolaus

 Bernbeuren

 St. Georg

 Auerberg

 St. Peter und Paul

 Stötten am Auerberg

 Frauenkapelle

 Marktoberdorf

 St. Alban

 Geisenried

 St. Lorenz

 Kempten

 Mariä Heimsuchung

 Mariaberg

 St. Magnus

 Buchenberg

 St. Ulrich

 Rechtis

 St. Pelagius

 Weitnau

 Stephanskapelle

 Genhofen bei Stiefenhofen

 St. Martin

 Hopfen

 St. Josef

 Simmerberg

 St. Blasius

 Weiler-Simmerberg

 St. Gallus

 Scheidegg
 (Stempel in der Tourist Info)

 St.Wendelin

 Sigmarszell/Kinberg

 St. Peter und Paul

 Niederstaufen

 Ferienwohnung Martin

 Zeisertsweiler

 Münster Unserer Lieben Frau

 Lindau

Der Pilgerausweis bzw. Pilgerpass (spanisch: Credencial del Peregrino) weist dich als Jakobuspilger aus und gehört auf dem Jakobsweg zur unverzichtbaren Ausrüstung. Damit werden Stempel auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela gesammelt, um am Ende die Compostela, die Pilgerurkunde zu erhalten. Er ist somit das wichtigste Dokument einer Wallfahrt. Daneben berechtigt der Pilgerausweis auch zum Übernachten in den Pilgerherbergen. Die Tradition der Pilgerausweise geht auf die früheren Empfehlungs- oder Geleitschreiben zurück.

In Deutschland bzw. auf dem Bayerischen Jakobsweg ist der Pilgerpass bei Weitem nicht so wichtig, wie auf den spanischen Jakobswegen. Aber es kann durchaus vorkommen, dass der Ausweis bei privaten Pilgerunterkünften verlangt wird. Ebenso ist das Erhalten von Pilgerstempeln auf dem Zubringerweg von Kehlheim zum Münchner Jakobsweg gar kein so leichtes Unterfangen. Selten liegen in den Kirchen Pilgerstempel auf. Erst ab dem Ammersee ändert sich die Situation spürbar.

Um einen Pilgerausweis zu beziehen, gibt es zwei Möglichkeiten - vor Ort kaufen oder online bei den verschiedenen Jakobusgesellschaften in Deutschland, Österreich und der Schweiz bestellen.
Wir hatten unsere Pilgerpässe bereits vorab online gekauft. Allerdings war uns zu dem Zeitpunkt noch nicht klar, wann wir gehen wollten, sodass wir zum Datum bei den Jakobusgesellschaften für die Ausstellung des Dokumentes noch keine Angaben machen konnten. Aus diesem Grund hatten wir die Pässe im Pilger-Online-Shop von Ansgar Möller "Pilgino" geordert.

Auf der Ratgeberseite für Jakobsweg-Anfänger werden die wichtigsten Fragen zum Pilgerpass beantwortet. Eine sehr schöne, gepflegte Seite mit vielen Links und Hintergrundinformationen rund um das Pilgern findet sich auf der Homepage von Thekla Schrange & Aloys Schäfer.

 

Nach der Hälfe der beabsichtigten Wegstrecke, so etwa nach einer Woche, begannen zunehmend die Fersen zu schmerzen. Jeden Tag, spätestens nach 10 km, war es fast nicht mehr auszuhalten. Mit solch einem Problem hatte ich zu Beginn der Reise überhaupt nicht gerechnet. Es war mir auch nicht klar, wo das Problem herrührte. In der Folge versuchte ich alle erdenklichen Methoden und unterschiedliche Gangarten auszuprobieren - leider konnte nichts für wirklich dauerhafte Abhilfe sorgen.

Erst eine ausführliche Recherche zu Hause brachte mich auf eine Lösung des Problems. Die häufigste Ursache für Fersenschmerzen ist wohl eine Plantarfasziitis. Hierbei tritt der Schmerz meist in der Ferse über einen langen Zeitraum hinweg, also über Wochen oder sogar Monate, immer wieder auf, verschwindet jedoch in Ruhephasen. Also genau mein Problem.
Mittlerweile habe ich mir eine Mini-Faszienrolle Ø 7cm x 20 cm gekauft und mache täglich mehrmals meine Übungen mittels Faszien-Rollmassage und Dehnungsübungen. Bisher sieht es so aus, als wenn's jetzt schon helfen würde. Endgültig wird sich das wohl erst im Verlauf der nächsten langen Wanderung über viele Tage hintereinander erweisen müssen.

 

Eine Erkenntnis zum Thema Schlafsack: Schlafen in einem Mumienschlafsack macht übrigens überhaupt keine Freude - zumindest nicht für sie als Bauchschläferin und mit Hitzewallungen. Es fehlt einfach an Bewegungsfreiheit. Im Normalfall müsste auch ein genügend groß dimensioniertes Inlett als Schlafsack-Ersatz in Pilgerherbergen ausreichen.

Als gut situierter Rentner wird man auch nicht im Freien schlafen, man wird immer ein Bett finden, und wenn man sich im Taxi irgendwohinfahren lässt. Also werden wir wohl keinen dicken Schlafsack mehr mitnehmen, eine Isomatte sowieso nicht.

 

Auf jeden Fall war es gar nicht schlecht, mit dem bayerischen Jakobsweg sozusagen einen Testlauf gemacht zu haben für die große Wanderung in Spanien, die hoffentlich im Herbst 2021, dem bis 2022 verlängerten Compostelanischen Heiligen Jahr, doch wieder möglich ist.

So haben sich dadurch auf jeden Fall noch einige Erkenntnisse, Erfahrungen und Verbesserungsmöglichkeiten ergeben.

 

letzte Aktualisierung:  10.09.2024      © Kaudelka 2024